Eine weitere Gefahr sehe ich aktuell im Rechtsterrorismus und in rechtsextremen Netzwerken, die es nach wie vor in unserem Sicherheitsapparat und bei der Bundeswehr gibt. Seit 1990 gab es in Deutschland rund 200 Todesopfer rechter Gewalt.
[1] Viel zu lange wurde diese Gefahr durch Rechtsterrorismus von deutschen Behörden heruntergespielt.
In Westdeutschland fand eine intensive öffentliche Auseinandersetzung mit den Nazi-Verbrechen erst Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs statt. Und noch in den achtziger Jahren gab es viel Kritik, als der 8. Mai 1945 erstmals von einem westdeutschen Bundespräsidenten als Tag der Befreiung gewürdigt wurde. Heute gibt es einerseits eine entwickelte Erinnerungskultur: Jedes Schulkind weiß über den Holocaust Bescheid, in den Straßen erinnern sogenannte Stolpersteine an die ermordeten Juden. Das ist sehr schön, doch leider ist das öffentliche Gedenken etwas einseitig geworden. Obwohl die Vernichtungsmaschine in Auschwitz erst mit Beginn des Vernichtungsfeldzugs gegen Russland zu Hochtouren auflief, wird die erste Hälfte des Schwurs von Buchenwald: "Nie wieder Krieg — Nie wieder Faschismus!" gerne ausgeblendet. Dass es die Rote Armee war, die Auschwitz befreit hat, dass allein bei der Blockade Leningrads 3 Millionen Menschen getötet wurden, dass in der Sowjetunion wahrscheinlich 27 Millionen Menschen dem faschistischen Vernichtungskrieg zum Opfer fielen
[2] — all das ist in Deutschland zu wenig bekannt bzw. wird immer seltener erwähnt.
Das hat seine Gründe. Zum einen möchte die Bundesregierung vermeiden, dass das Thema der Entschädigung für Nazi-Kriegsverbrechen noch einmal aufgeworfen wird, wie es die griechische Regierung vor ein paar Jahren getan hat. Vor allem aber passt die wichtige Lehre, dass von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen darf, nicht länger zur deutschen Außenpolitik. Seit Mitte der 90er Jahre wird die Bundeswehr wieder in Auslandseinsätze geschickt, EU und NATO werden immer weiter nach Osten ausgedehnt, es wird immer mehr Steuergeld in Aufrüstung gesteckt. In diesem Jahr sollte ausgerechnet an der Grenze zu Russland sogar wieder ein riesiges NATO-Militärmanöver stattfinden. Zwar hat eine Mehrheit der deutschen Bevölkerung aus der Geschichte gelernt und will Frieden und Aussöhnung mit Russland.