Sollten diese Bemühungen erfolgreich sein und bewirken, dass heutige und künftige Generationen von Russ*innen die Verdienste ihrer Vorfahren zu vergessen oder gar zu schmähen drohen, verlieren wir nicht nur unsere Vergangenheit, sondern auch unsere Zukunft.
Ein solches Beispiel ist die Berichterstattung der deutschen Presse, die 2019 kurz vor dem 76. Jahrestag der berühmten Panzerschlacht bei Prochorowka verlauten ließ, man solle den Glockenturm zu Ehren der gefallenen sowjetischen Soldaten abreißen, denn an diesem Ort habe ja gar keine Schlacht stattgefunden. Das rief Wut und Empörung bei all jenen hervor, die an den Kämpfen bei Prochorowka beteiligt waren, und die um die wahre Bedeutung dieser Schlacht wissen. Solche Äußerungen zeugen von Pietätlosigkeit gegenüber den vielen Tausend Soldaten, die auf dem Soldatenfriedhof von Prochorowka begraben sind. Als Beiratsvorsitzender der Gedenkstätte "Feld von Prochorowka" - aber auch als Privatperson, die die Geschichte ihrer Heimat hochhält -, muss ich solchen Aussagen entschieden widersprechen.
Leider geraten nicht nur unsere militärischen Errungenschaften ins Visier, sondern auch der unschätzbare Beitrag, den die Arbeiter*innen im Hinterland zum Sieg beitrugen. Der selbstlose Einsatz unserer furchtlosen und tapferen Vorfahren — darunter ältere Menschen, Frauen und Kinder — bietet sich zweifellos als Vorbild bei der Erziehung jüngerer Generationen an.
Es gibt sogar Versuche, diesen Geschichtsrevisionismus in internationalen Dokumenten festzuschreiben. Im September 2010 hat das Europäische Parlament bekanntlich die Resolution "Bedeutung der Erinnerung an die europäische Vergangenheit für die Zukunft Europas" verabschiedet, worin es heißt, der Zweite Weltkrieg sei von Deutschland und der Sowjetunion durch den sogenannten Molotow-Ribbentrop-Pakt ausgelöst worden. Mit ihrem Auftreten und ihren unhaltbaren Behauptungen entweihen die EU-Abgeordneten nicht nur das Andenken Tausender gefallener Soldaten, die Europa in den Jahren 1944−1945 von der "braunen Pest" befreit haben, sie zersetzen auch die moralische Integrität kommender Generationen Europas.
Es ist eine bittere Erkenntnis, aber ich bin fest davon überzeugt: Je weiter der Große Vaterländische Krieg zurückliegt, in dem wir 27 Millionen Soldaten und Zivilist*innen verloren haben und vor allem, je weniger Zeitzeug*innen unter uns weilen, desto dreister werden die Geschichtsfälscher*innen aller Couleur vorgehen, nicht nur im Ausland, sondern leider auch hier bei uns.
Wie der russische Präsident Wladimir Putin am 15. April 2020 in seiner Ansprache an die Föderationsversammlung erklärte: "Für Russland ist der 9. Mai der bedeutendste und heiligste aller Feiertage. Wir sind stolz auf eine Generation von Siegern, halten ihre großen Taten in Ehren, und unser Gedenken zollt nicht nur unserer heldenhaften Vergangenheit Tribut, es dient auch unserer Zukunft, inspiriert und stärkt unsere Einigkeit. Wir sind verpflichtet, die Wahrheit über den Sieg zu verteidigen, denn was sollen wir unseren Kindern sagen, wenn die Lüge sich auf der ganzen Welt ausbreitet wie eine Seuche? Solchen dreisten Lügen und Bestrebungen, die Geschichte zu verdrehen, müssen wir Fakten entgegensetzten."
Vor dem Hintergrund der aktuellen Situation wurde eine Reihe von Verfassungsänderungen angenommen, die unter anderem das Gedenken an die Verteidiger*innen der Heimat auf staatlicher Ebene verankern und die historische Wahrheit schützen. Ich hoffe aufrichtig, dass es uns auf dieser Grundlage in Zukunft möglich sein wird, Gesetze zu verabschieden, die unsere ruhmreiche Geschichte und unser heldenhaftes Volk vor den Angriffen verschiedenster Widersacher*innen schützen können.